Mehr Leichtigkeit durch Selbstmitgefühl

By Jutta Beyer

Wir sind im Umgang mit uns selbst häufig um ein Vielfaches strenger und haben deutlich höhere Ansprüche im Vergleich zum Umgang mit anderen. Vor allem wenn etwas nicht läuft wie gewünscht. Das ist schlecht für den Selbstwert und unser körperliches wie psychisches Wohlbefinden. Hier stelle ich dir das psychologische Konzept von Selbstmitgefühl bzw. „self compassion“ vor und du erfährst, wie du damit mehr Leichtigkeit in dein Leben und auch ins Business bringen kannst.

Wie gehst du mit dir selbst um?

Wenn etwas nicht so läuft wie geplant, wie reagierst du? Wie gehst du mit dir selbst um? Schimpfst du mit dir selbst, machst dir Vorwürfe „warum hast du das nicht anders gemacht“, „Mist schon wieder klappt das nicht“ oder vielleicht sogar „du kriegst gar nichts auf die Reihe“?

Dieses Unverständnis und harte Umgehen sich selbst gegenüber tut nicht gut und zieht den Selbstwert nach unten. Wir sagen zum Teil Dinge zu uns selbst, die wir nie zu jemandem sagen würden, der uns etwas bedeutet. Dr. Kristin Neff geht sogar noch einen Schritt weiter und sagt in ihrem Ted-Talk „The Space Between Self-Esteem and Self Compassion“: „We say things to ourselves we probably even wouldn’t say to someone we didn’t like very much“ (Wir sagen Dinge zu uns selbst, die wir wahrscheinlich nicht einmal zu jemandem sagen würden, den wir nicht sehr mögen).

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Selbstmitgefühl ist nicht Selbstmitleid

Ein häufiges Missverständnis ist, dass Selbstmitgefühl mit Selbstmitleid verwechselt wird. Das sind zwei ganz unterschiedliche Dinge! Wenn jemand selbstmitleidig ist, dreht sich sein Denken hauptsächlich um sich selbst und wie schlecht es ihm geht. Im Gegensatz zum Selbstmitgefühl, bei dem die Verbindung zu anderen eine große Rolle spielt.

Zur Verdeutlichung ein Denk-Beispiel zum Unterschied Selbstmitleid – Selbstmitgefühl:
„Mir geht es so schlecht, alle anderen haben es viel besser“ – Selbstmitleid
„Mir geht es im Moment nicht so gut, das passiert, bei anderen läuft es auch nicht immer rund“ – Selbstmitgefühl

Das psychologische Konzept self-compassion

Selbstmitgefühl wird erst seit kurzem in der westlichen Psychologie thematisiert, ist aber eigentlich nicht neu. Im Buddhismus beispielsweise ist das Thema tief verwurzelt. Nach Dr. Kristin Neff ist Selbstmitgefühl eine innere Einstellung und steht für eine positive, wertschätzende Haltung sich selbst gegenüber in Verbindung mit der Akzeptanz von negativen Gefühlen, die einfach zum Leben gehören (niemand kann immer nur gut gelaunt und positiv sein!).

Ihrer Meinung nach umfasst Selbstmitgefühl (self compassion) drei Aspekte:

  • Freundlichkeit sich selbst gegenüber (self kindness)
  • Verbundenheit mit anderen Menschen (common humanity)
  • Achtsamkeit (mindfulness)

Es loht sich übrigens auch gesundheitlich, freundlicher und verständiger dir selbst gegenüber zu sein. Selbstmitgefühl hängt eng mit einem gesunden Selbstwert zusammen und wirkt sich laut Studien (z. B. Neff, Gilbert, Leary et al.) positiv auf Lebenszufriedenheit, Optimismus und generell Wohlbefinden aus. Zudem beugt es Angst, Grübeln und negativen Emotionen sowie Depression vor. Hört sich gut an oder?

Wie kann ich besser mit mir selbst umgehen?

Wenn du das nächste Mal nicht gut auf dich selbst zu sprechen bist, halte kurz inne und frage dich: Würde ich das so zu jemandem sagen, den ich gerne mag? Das ist besonders wichtig in herausfordernden Zeiten oder wenn es dir sowieso gerade nicht so gut geht. Stelle dir stattdessen jemanden vor, den du sehr gerne hast. Und überlege, was du zu demjenigen sagen würdest, wenn sie oder er in dieser Situation wäre. Versuche, das empfundene Mitgefühl und Verständnis auf dich selbst zu übertragen.

Versuche achtsam zu sein und die Aufmerksamkeit auf das zu lenken, was im Moment ist. Versuche zu akzeptieren, was im Moment vor sich geht ohne zu bewerten, zu urteilen oder zu ändern.

Kennst du jemandem, dem es ähnlich erging? Oder der auch gerade eine schwierige Zeit durchmacht? Bestimmt. Selbst wenn dir gerade niemand im direkten Umfeld einfällt. Denn wie es so schön heißt: „Irren ist menschlich“, und jeder macht Fehler und wird mit Rückschlägen oder sogar manchmal Schicksalsschlägen konfrontiert. Auch wenn beispielsweise Instagram-Posts häufig eine andere, rosarotere Welt voller Erfolgsmenschen vorgaukeln, siehst du hier jeweils nur einen kurzen Ausschnitt und nicht hinter die Kulissen.

Selbstmitgefühl auf Business bezogen meint übrigens nicht, im Business eine „alles egal“ Haltung anzunehmen, sich selbst nicht zu fördern oder keine hohen Ansprüche mehr an sich zu haben. Selbstmitgefühl nimmt vielleicht Fehlern ein Stück weit ihren Schrecken und fördert, sich ehrlich einzugestehen, wenn etwas nicht so gut gelaufen ist und besser damit umgehen zu können. Und wenn du dir erlaubst Fehler einzugestehen, kannst du es nächstes Mal anders machen.

Sich mit wohlmeinenden Menschen zu umgeben ist wichtig. Im Business können Mastermind-Gruppen, der Austausch mit Kollegen oder professionelle Unterstützung Gold wert sein.

Wie steht es um dein SElbstmitgefühl?

Anhand der folgenden Aspekte kannst du versuchen herauszufinden, wie es um dein Selbstmitgefühl steht. Die Aufzählungspunkte sind angelehnt an die Fragen der Self-Compassion Scale (deutsche Version von Hupfeld & Ruffieux).

Anzeichen, dass du dir wenig Selbstmitgefühl entgegenbringst

  • du missbilligst und verurteilst deine eigenen Fehler und Schwächen und fühlst dich wie vom Rest der Welt abgeschnitten
  • in schwierigen Zeiten neigst du eher dazu, streng und kaltherzig mit dir selbst zu sein. Zudem fällt dir fast nur noch das auf, was nicht in Ordnung ist
  • du bist eher intolerant gegenüber den Seiten deiner Persönlichkeit, die du nicht magst
  • wenn du Eigenschaften an dir bemerkst, die du nicht magst, deprimiert dich das
  • wenn es dir schlecht geht, tendierst du dazu zu glauben, dass es anderen wahrscheinlich besser geht und sie es einfacher haben, und nur du versagst

Anzeichen, dass du über ein gut ausgeprägtes Selbstmitgefühl verfügst

  • Wenn Dinge bei dir schlecht laufen, siehst du diese Schwierigkeiten als Teil des Lebens. Du akzeptierst deine Fehler und Schwächen und versuchst dich daran zu erinnern, dass jeder mal durch schwierige Zeiten geht
  • du versuchst, mit dir selbst liebevoll umzugehen, wenn es dir emotional schlecht geht und dir Zuwendung und Einfühlsamkeit zu schenken
  • Wenn du Gefühle der Unzulänglichkeit spürst, versuchst du daran zu denken, dass die meisten Leute sich ab und an so fühlen
  • Wenn dich etwas aufregt, versuchst du deine Gefühle im Gleichgewicht zu halten und ihnen mit Neugierde und Offenheit zu begegnen
  • Wenn etwas Unangenehmes passiert, versuchst du einen ausgewogenen Überblick über die Situation zu erlangen und Dinge nüchtern zu betrachten
  • du versuchst verständnisvoll und geduldig gegenüber jenen Zügen deiner Persönlichkeit zu sein, die du nicht magst

Es gibt keinen Schalter den man umlegen kann, um auf einmal mehr Selbstmitgefühl zu empfinden. Doch vielleicht fällt es dir in Zukunft eher auf, wenn du dazu tendierst, zu streng mit dir zu sein das ist schon ein guter Anfang.

Kennst du jemand, der auch sehr streng zu sich selbst ist und dem es helfen könnte, vom Konzept Selbstmitgefühl zu hören? Dann schicke ihr oder ihm gern diesen Artikel.

Jutta Beyer

Autorin

Jutta Beyer unterstützt (Solo)UnternehmerInnen mit herausforderndem Alltag dabei, mehr Leichtigkeit und Zufriedenheit in ihr Leben und Business zu bringen. Das erreichen sie indem sie resilienter und energiereicher werden und ein Business entwickeln, das auf ihren Stärken basiert und zu ihrer Lebenssituation passt. So können sie mit weniger Zeit ihre Ziele erreichen ohne auszupowern.

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  1. Der Artikel wirft ein wichtiges Licht auf das Thema Selbstmitgefühl, besonders in einer leistungsorientierten Welt. Die Unterscheidung zwischen Selbstmitgefühl und Selbstmitleid zeigt die Bedeutung einer unterstützenden inneren Stimme. Die Integration des Selbstmitgefühls in den beruflichen Kontext ist eine erfrischende Perspektive, die zu einem gesunden Arbeitsumfeld und besserer Lebensqualität führen kann. Die praktischen Tipps am Ende bieten eine einfache Methode zur Förderung des Selbstmitgefühls. Besonders die Ermutigung zur Achtsamkeit und die Aufforderung, sich selbst mit Freundlichkeit und Verständnis zu behandeln, machen den Artikel zu einem warmherzigen Aufruf für mehr Selbstliebe und Akzeptanz, und einen erhebenden Beitrag zur persönlichen und beruflichen Selbstentwicklung.

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