Was ist ein Archetyp?

By Jutta Beyer

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Es gibt Menschen, zu denen du dich hingezogen fühlst, die du auf Anhieb magst und verstehst. Das liegt meist an deren Persönlichkeit. Bei Marken ist es genauso. Von manchen bist du begeistert, während andere dich regelrecht abstoßen. Und wieder andere sind dir schlichtweg egal, lösen gar nichts in dir aus. Das liegt meist genauso an der Persönlichkeit, denn ja, auch Marken haben eine Persönlichkeit: Die Markenpersönlichkeit.

Die Markenpersönlichkeit spiegelt die Werte und Eigenschaften der Marke wider. Wofür sie steht, was ihre Vision ist, was sie wie für dich tun kann, wie sie handelt, mit Kunden umgeht usw. Die Markenpersönlichkeit ist dafür verantwortlich, welche Gefühle eine Marke in dir auslöst.

Ob du eine Marke toll findest oder nicht, hängt also größtenteils davon ab, wie die Markenpersönlichkeit ist. Vielleicht gibt es Marken, von denen du dich instinktiv angezogen fühlst, aber nicht mal genau erklären kannst, warum das eigentlich so ist.

Um das zu erklären, dürfen wir uns ein bisschen tiefer mit der Markenpersönlichkeit beschäftigen und was sie formt. Die Markenpersönlichkeit wird davon geprägt, welchen Persönlichkeitstyp bzw. Archetyp diese Marke verkörpert.

Was sind Archetypen?

Diese Persönlichkeitstypen, Archetypen, sind von allen instinktiv verstandene Grundmuster und Verhaltensweisen. Unbewusst haben wir alle eine Vorstellung von bestimmten Persönlichkeitstypen. Wir erkennen diese Muster, auch „Urbilder“ genannt, die für bestimmte Eigenschaften und Gefühle stehen. Wir verstehen, wie sich ein bestimmter Typ verhält, obwohl wir es nie bewusst „gelernt“ haben.

Denn Archetypen sind universell und werden unabhängig von Herkunft, Sprache und Lebenssituation verstanden. Aufgrund von kulturellen Aspekten können die Vorstellungen leicht variieren.

Als Archetypus oder geläufiger Archetyp, Plural Archetypen, bezeichnet die Analytische Psychologie die dem kollektiven Unbewussten zugehörig vermuteten Grundstrukturen menschlicher Vorstellungs- und Handlungsmuster.

„Archetypen sind definiert als psychische (auch psychophysische) Strukturdominanten, die als unbewusste Wirkfaktoren das menschliche Verhalten und das Bewusstsein beeinflussen.“

Quelle: Wikipedia

Jeder Archetyp steht für bestimmte Persönlichkeitsmerkmale, die wir unbewusst erkennen und in denen wir uns – je nachdem welcher Typ – auch wiedererkennen.

Archetypen spiegeln unsere Stärken und Schwächen, Glaubenssätze, Standpunkte, Ängste und Eigenschaften. Sie lösen bestimmte Emotionen aus und sprechen unsere Bedürfnisse und (Ur)Sehnsüchte an.

Wenn sich jemand beispielsweise wie ein Rebell verhält, oder wie ein Held, wird das unabhängig der Lebenssituation, Herkunft oder Sprache intuitiv verstanden.

Soziale Rollen

Zum besseren Verständnis hilft vielleicht der Vergleich mit den unterschiedlichen Rollen, die Menschen in ihrem Leben ausführen. Damit meine ich Rolle nicht negativ im Sinne davon, dass sich ein Mensch nicht authentisch verhält, eine Rolle „spielt“. Sondern im Sinne einer sozialen Rolle, im Rahmen unserer unterschiedlichen Aufgaben und Handlungsmuster.

Familiär nehmen wir die Rolle als Kind, Mutter oder Vater ein. Im Arbeitsleben sind wir vielleicht Angestellte, Unternehmer oder Freigeister. Und für jede Rolle gibt es allgemeine „Grundvorstellungen„, obwohl jeder seine Rolle natürlich ganz individuell ausgestaltet.

Auch im Freizeitleben gibt es unterschiedliche Rollen. Im Sport gibt es welche, die als Helden bezeichnet werden, die kraftvoll und mutig ihre Mannschaft zum Sieg führen (bei körperbetonten Sportarten). Wer im Schach Meister ist, kann natürlich genauso als Held betitelt werden, wird wahrscheinlich aber eher als Weiser, als schlauer Denker wahrgenommen.

Oder nehmen wir unsere Schulzeit. Hier gab es den Klassenclown, den Streber, den Cliquen-Anführer…

Ich selbst fühle hier beim Schreiben in mir Widerstand, weil es mir eigentlich widerstrebt, so in Mustern zu denken, denn natürlich ist jeder weit mehr als ein Rollenbild. Jeder ist ein Individuum mit seiner ganz eigenen Persönlichkeit.

Doch in der Wahrnehmung der Menschen existieren diese allgemeinen Vorstellungen und Verhaltensmuster. Ob du willst oder nicht, wirst du in den Köpfen der Menschen, bewusst oder unbewusst, in irgendwelche Schubladen gesteckt.

Da steckt auch überhaupt nichts Böses dahinter – dieses Einordnen in bestimmte Schubladen macht es unserem Gehirn nämlich leichter, Informationen abzuspeichern und auch wieder hervorzuholen, uns an etwas zu erinnern.

In der Markenbildung kannst du dir das bewusst zu Nutzen machen.

Woher stammt das Prinzip der Archetypen?

Das Prinzip der Archetypen stammt aus der analytischen Psychologie und geht auf den Schweizer Psychologen Carl Gustav Jung (1875 – 1961) zurück, der es ca. 1930 etablierte.

Jung beschäftigte sich unter anderem mit Mythen, Märchen, Träumen und Vorstellungsbildern aus unterschiedlichen Zeiten und Kulturen. Er fand heraus, dass gewisse Vorstellungsbilder – unabhängig und nicht voneinander beeinflusst – immer wieder auftraten.

Er beobachtete «… typische Formen, die spontan und mehr oder weniger universal, unabhängig von Tradition, in Mythen, Märchen, Phantasien, Träumen, Visionen und Wahngebilden auftreten».“

Quelle: Wikipedia

Obwohl das Konzept der Archetypen aus heutiger wissenschaftlicher Sicht nicht belegbar ist, dient es im Bereich der Markenbildung als hilfreiche Systematik um strukturiert, einheitlich und stimmig aufzutreten.

Mythen und Missverständnisse

1. Missverständnis: Es gibt DIE x Archetypen

Immer wieder höre ich „Jung erfand die 12 Archetypen“ oder „es gibt diese x Archetypen“. Das Konzept der Archetypen gilt als offenes Konzept, das heißt es gibt keine exklusiven Definitionen von Archetypen und keine bestimmte Anzahl. (s. Archtyp (Psychologie)).

Auch gibt es nicht DIE Bezeichnung für einen bestimmten Archetypen. Oft werden unterschiedliche Namen für den gleichen (Ursprungs-)Archetyp verwendet, beispielweise für den Beschützer auch Mutter (Vater) oder DienerIn. Jung beschäftigte sich ursprünglich tiefer mit Archetypen, die er „die Anima, die Mutter, den Schatten, das Kind, den weisen alten Mann, die Geister der Märchen und die Trickster-Figur“ nannte (Quelle: Butler-Bowdon, T. (2013): 50 Klassiker der Psychologie).

Je nach Branche oder Verwendung variieren also sowohl Anzahl als auch Bezeichnung.

Im Marketing haben sich 12 Ausprägungen durchgesetzt, die beispielsweise Margaret Mark und Carol S. Pearson in ihrem Buch „The Hero And The Outlaw“* beschrieben haben. Mit diesen 12 Archetypen arbeite ich auch, das Buch kann ich wärmstens empfehlen, wenn du dich tief mit der Thematik beschäftigen möchtest. Ich habe es in der gebundenen Version und auf dem Kindle.

Archetypen-Buch auf Kindle auf Terrasse

Diese 12 Archetypen mit denen ich arbeite sind:

  • Held
  • Rebell
  • Magier
  • Unschuldige
  • Entdecker
  • Weise
  • Beschützer
  • Herrscher
  • Schöpfer
  • Liebende
  • Witzbold
  • Jedermann

Der Einfachheit halber nutze ich die männliche Version. Später werde ich die unterschiedlichen Typen näher beschreiben.

2. Missverständnis: Archetyp als konkreter, starrer Persönlichkeitstyp

Ein weiteres Missverständnis ist, dass ein Archetyp als eine konkret ausgearbeitete bis ins Detail beschriebene starre Persönlichkeit verstanden wird. Das ist allerdings nicht der Sinn eines Archetypen, sondern ein Archetyp ist lediglich eine Grundstruktur, in der sozusagen die Eckpfeiler der Persönlichkeit definiert sind. Dazwischen gibt es viel Spielraum, dem Persönlichkeitstyp individuell Leben einzuhauchen.

Der „Archetyp“ ist nicht eine konkrete Vorstellung, sondern „eine Tendenz, Vorstellungen zu erzeugen, die sehr variabel sind, ohne ihr Grundmuster zu verlieren.

Quelle: Wikipedia Archetyp und Archetypisches Bild

3. Missverständnis: „Nur so was esoterisches“

Erst kürzlich bekam ich in einem Gespräch über Archetypen wieder die Antwort: „Ach so ist das, ich dachte, das sei nur so was spirituelles, esoterisches“.

Archetypen sind ein tiefenpsychologisches Konzept aus der analytischen Psychologie, und ein mächtiges „Tool“ fürs Marketing, das von vielen großen Unternehmen genutzt wird. Einige Beispiele findest du hier: Diese 12 Archetypen sollten Sie kennen.

4. Missverständnis: Das ist nur was für große Unternehmen

Ja, wie gesagt verwenden viele große Unternehmen das Konzept der Archetypen. Das können aber Solo-Unternehmer genauso machen, für sie ist es ebenso hilfreich. Immer wieder höre Stimmen à la „Als ich von den Archetypen hörte, war das ein AHA-Erlebnis für mich. Seither verstehe ich manches besser und es fühlt sich vieles leichter an“.

Nur leider ist das Konzept der Archetypen wenig bekannt, vor allem bei uns in Deutschland. Meine Kollegin Theresa Ehsani führte bereits vor 2,5 Jahren eine Archetypen-Challenge für Solo-Unternehmer durch, damals war sie gefühlt die Einzige im deutschen Raum, die sich mit dem Thema öffentlich beschäftigt hat. Im letzten Jahr bin ich vermehrt auf Kolleginnen gestoßen, die auch mit Archetypen arbeiten. Das Thema erfreut sich immer mehr Beliebtheit, absolut zu recht!

5. Missverständnis: Dann sind viele Marken gleich?

Wenn nur 12 Archetypen verwendet werden, gibt es folglich viele, die den gleichen Archetypen nutzen. Sind dann viele Marken ganz ähnlich?

Nein, im Gegenteil. Mit den Archetypen kannst du dich sogar besser vom Wettbewerb abheben. Denn Archetypen sind nur ein Grundgerüst.

Jeder Archetyp mehrere Ausprägungen (Subtypen) und verfügt über eine breite Palette an Verhaltensweisen. Außerdem füllt jede Marke das Grundgerüst auf ganz individuelle Art und Weise. Oft werden zwei Archetypen kombiniert, um sich noch besser abheben zu können. Das finde ich eine gute Lösung.

Manchmal werden sogar drei Typen kombiniert. Doch Achtung: Davon rate ich ab. Denn je mehr Archetypen im Spiel sind, desto größer ist die Gefahr, dass das klare Bild wieder verwischt. Bei der Kombination von zwei Archetypen ist Fingerspitzengefühl gefragt.

6. Missverständnis: Das ist Manipulation

Wenn wir bewusst Gefühle hervorrufen wollen, ist das doch Manipulation?

Nein, wenn du mithilfe der Archetypen bei den Menschen bestimmte Sehnsüchte ansprichst oder Gefühle weckst, heißt das nicht, dass du manipulierst. Sondern es heißt nur, du legst einen ganz wichtigen Grundstein. Du sprichst in einer Sprache, die dein Kunde versteht – sinngemäß gesprochen vielleicht sogar in seinem Dialekt. Er versteht genau, was er von dir bekommt und kann dann eine eigene Entscheidung treffen. Ob er dein Produkt braucht oder nicht, und ob er bei dir kauft oder nicht.

Die 12 Archetypen im Marketing

Nachfolgend findest du eine Kurzbeschreibung der 12 Archetypen, die zur Markenbildung genutzt werden. Eine ausführlichere Beschreibung findest du hier: Die 12 Archetypen im Marketing.

Die Archetypen sprechen unterschiedliche Grundbedürfnisse und Sehnsüchte an. Sie sind dahingehend in 4 Kategorien eingeteilt.

Mehr zu den 4 Archetypen-Kategorien bzw. Grundmotivatoren kannst du hier nachlesen: Die 4 Kundensehnsüchte.

Sehnsucht nach Wandel und Veränderung

Symbol Archetyp Held

Der Held

Der Held ist mutig, diszipliniert und arbeitet hart. Er nimmt Herausforderungen an und hilft anderen, ihre Ziele zu erreichen.

Symbol Archetype Rebell

Der Rebell

Der Rebell ist offen, risikobereit und lässt sich nicht in Muster pressen. Er widersetzt sich Zwängen und hilft anderen, zu sich selbst zu stehen.

Symbol Archetyp Magier

Der Magier

Der Magier ist faszinierend, intelligent und möchte seine Träume realisieren. Er gibt Hoffnung und hilft anderen, eine tiefgreifende Transformation zu durchlaufen.

Sehnsucht nach Stabilität und Struktur

Der Schöpfer

Der Schöpfer ist kreativ, innovativ und setzt Dinge neu zusammen. Er will außergewöhnliche Ideen umsetzen und hilft anderen, ihr eigenes kreatives Potenzial zu entfalten.

Symbol Archetyp Schöpfer

Der Beschützer

Der Beschützer ist fürsorglich, hilfsbereit und großzügig. Er kümmert sich selbstlos um andere und hilft anderen bei all ihren Sorgen und Nöten.

Der Herrscher

Der Herrscher ist gerecht, autoritär und vernünftig. Er leitet andere an und hilft anderen, limitierende Glaubenssätze und Ängste zu überwinden.

Symbol Archetyp Herrscher, Krone

Sehnsucht nach Erfüllung und Glück

Der Unschuldige

Der Unschuldige ist optimistisch, natürlich und strebt nach Ausgeglichenheit. Er möchte die Menschen glücklich machen und hilft anderen, Dinge zu vereinfachen.

Symbol Archetyp Entdecker, Weltkugel

Der Entdecker

Der Entdecker ist neugierig, abenteuerlustig und will Neues erleben. Er will unabhängig sein und hilft anderen, aus der Komfortzone herauszukommen und sich selbst zu finden.

Symbol Archetyp Weise, Buch

Der Weise

Der Weise ist fleissig, analytisch und geht den Dingen auf den Grund. Er will die Welt wirklich verstehen und hilft anderen, Dinge zu begreifen.

Sehnsucht nach Verbundenheit und Freude

Der Liebende

Der Liebende ist liebevoll, überzeugend und begeisternd. Er möchte Beziehungen aufbauen und erhalten und ermutigt andere, ihrem Herzen zu folgen, auch wenn es unbequem ist.

Symbol Archetyp Liebende, Herz

Der Witzbold

Der Witzbold ist fröhlich, unterhaltsam und freiheitsliebend. Er will den Moment genießen und hilft anderen, ihren Alltagskummer zu vergessen.

Symbol Archetyp Witzbold, Narrenkappe

Der Jedermann

Der Jedermann ist freundlich, bescheiden und loyal. Er möchte dazugehören und hilft anderen, Teil einer für sie wichtigen Gemeinschaft zu sein.

Symbol Archetyp Jedermann, Menschengruppe

Und wie findest du den für dich passenden Archetypen?

Ein guter Start zum Finden des passenden Archetyps ist mein Quiz „Welche Markenpersönlichkeit bist du?“ und meine Archetypen Beratung.

Jutta Beyer

Autorin

Jutta Beyer unterstützt UnternehmerInnen mit herausforderndem Alltag dabei, mit einer gesunden Selbstführung mehr Leichtigkeit und Zufriedenheit in ihr Leben und Business zu bringen. Das erreichen sie indem sie resilienter und energiereicher werden und ein Business entwickeln, das auf ihren Stärken basiert und zu ihrer Lebenssituation passt. So können sie mit weniger Zeit ihre Ziele erreichen ohne auszubrennen.

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